Wir stellen uns immer wieder der Herausforderung, in unserem Stadtteil mit all seinen Spezifika trotz der regional übergreifenden Tendenz zur “Lesemüdigkeit” von Jugendlichen Neugierde auf Bücher zu wecken, eine Annäherung ans Buch zu initiieren und zum Lesen zu “verführen”.
Dabei hilft uns fächerübergreifend das Konzept des “sprachsensiblen Unterrichts”. In allen Fächern wurde der schriftsprachliche Anteil erhöht und eine angemessene Schriftsprachlichkeit wird mithilfe von Formulierungsangeboten unterstützt.
Unsere KollegInnen stellen selbst auch “Lesebegleithefte” her, die die Deutschlektüren attraktiver machen und zum genaueren Lesen und Verstehen animieren.
Die regelmäßige Teilnahme am Vorlesewettbewerb in allen sechsten Klassen ist selbstverständlich. Auch in diesem durch das Infektionsgeschehen erschwerten Durchgang 2020 ließen wir es uns nicht nehmen, den Regionalentscheid an unserer Schule durchzuführen — online und unter Berücksichtigung der Schutzmaßnahmen.
“Herzstück” unserer Lese”verführung” ist allerdings unsere Schulbücherei. Sie steht – in Zeiten ohne Infektionsschutzmaßnahmen — nicht nur in den Pausen den Jugendlichen zur Verfügung, um sich dort an einem angemessen stillen Ort eine “Auszeit” zu gönnen, sondern eine Vielzahl von Aktionen rund ums Lesen soll die “Berührungsängste” nehmen, so mit folgenden Maßnahmen:
1. Am bundesweiten Vorlesetag war die Bücherei bereits dreimal Gastgeberin für prominente Vorlesende: Frau Müntefering las mit Freude einer Gruppe von Kindern vor und Abgesandte des Theater-Kohlenpott in Herne, so z.B. der Schauspieler und Regisseur Till Beckmann und die Schauspielerin Jennifer Ewert, präsentierten zweimal eine szenische Lesung aus ihrer jeweils aktuellen Produktion für Kinder, die im Anschluss auch besucht wurden.
2. Für alle fünften Klassen gibt es am Schuljahresanfang eine “Führung”, in der die Kinder mit den Regeln, die in der Bücherei zu befolgen sind, vertraut gemacht werden und in der sie lernen, wie sie geeignete Bücher für sich oder für andere finden. So werden sie am Ende der Führung selbst zu “Bibliothekaren”, die anderen Kindern thematisch Bücher empfehlen können.
3. Anlässlich des “Welttags des Buches” erhalten die Kinder der fünften Klassen neben ihren Gutscheinen für die “Ich schenk dir eine Geschichte”-Bücher auch ein Angebot, an Workshops rund ums Buch teilzunehmen. Es gibt Stationen, an denen vorgelesen wird, mit Büchern Sport betrieben wird, Lesezeichen erstellt werden, Hörbücher und Verfilmungen rezipiert werden können usw.
4. Jährlich wird für den Vorlesewettbewerb der 6. Klassen die Bücherei festlich geschmückt und die KlassensiegerInnen und ihre sie unterstützenden Gäste finden sich dort ein. Die Klassensieger werden zuvor für eine selbstbewusste Präsentation „fit“ gemacht.
5. Uns liegen besonders unsere “Ohrentage” am Herzen. Kolleginnen und Kollegen lesen für den fünften oder sechsten Jahrgang in der Mittagspause in unregelmäßigen Abständen aus neuen oder Lieblings-Büchern vor. Die Kinder können in dieser Zeit zu den Geschichten Bilder malen, die im Anschluss in der Schauvitrine ausgestellt werden. Für diese “Ohrentage” werden von den Klassenleitungen jeweils vier Eintrittskarten in ihren Klassen verteilt.
6. In diesem Rahmen gab es bereits eine “zweisprachige” Lesung. Ein Kind, das aus Syrien zu uns kam, las den Text arabisch, während die Kollegin den Text in deutscher Sprache vorlas.
7. Wir bieten einige Bücher mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad auch auf Englisch und Türkisch an.
Wir sind sicher, dass hier “die letzte Seite” unseres Leseförderbuches längst nicht geschrieben ist, weil wir ständig bemüht sind, auf die steigende Leseunlust und auf die zunehmenden Berührungsängste zu reagieren und uns immer wieder neu zu organisieren. So können wir uns beispielsweise die Entwicklung einer “Büchereiführungsapp” mithilfe eines Biparcours vorstellen. Wie gesagt: Das “letzte Kapitel” wird es nie geben, unsere Arbeit wird ein “Fortsetzungsroman” werden.
M. Nolte-Linde,S. Kluge-Marmulla, M. Schweisfurth (Leseförderteam)
im Juni 2021