BERLIN! BERLIN! WIR WAREN IN BERLIN!

Vom 21.01.–25.01.2022 war es endlich soweit – nach zwei Jahren ohne Schul­fahrten und mit­ten in Coro­na-Times – durften 32 Schüler*innen der Q2 mit ihren Beratungslehrer*innen Her­rn Leyen­deck­er und Frau Doetsch sowie Her­rn Knödler auf die tra­di­tionelle von Her­rn Knödler geplante, am Geschicht­sun­ter­richt ange­bun­dene, Berlin­fahrt fahren. Nach gefühlten 20 Abfra­gen, 50 Infor­ma­tions­blät­tern und 200–300 E‑Mails startete die Fahrt am 21.01. am Hern­er Bahn­hof, wo die Lehrer*innen direkt das mobile Testzen­trum Gesamtschule Wanne öffneten und damit die erste Tra­di­tion der Berlin­fahrt ins Leben riefen: das tägliche Testen, was darin bestand, dass alle um 7:30 Uhr liebevoll aus dem Schlaf gek­lopft oder gehäm­mert wur­den, um ihre Tests ent­ge­gen zu nehmen, die 15 Minuten später erneut über­prüft wur­den. Während der Fahrt mit dem ICE wurde dann auch bere­its durch das Los der Spielka­rte das größte Prob­lem aus dem Weg geräumt, mit dem die Schüler*innen bere­its in den Wochen zuvor ständig ihre Beratungslehrer*innen in den Wahnsinn getrieben haben, die Frage danach, wer die heiß umkämpften Fünf­bettz­im­mer beziehen durfte und wer stattdessen ein Vier­bettz­im­mer nehmen musste. Auch die Aufteilung in zwei Grup­pen: die Gruppe von DOET/LEMA bzw. KNJO erfol­gte dort. Wir fuhren bei strahlen­dem Son­nen­schein in ein leicht schneebe­deck­tes Berlin ein. Die erste Begeg­nung mit Berlin war der Berlin­er Haupt­bahn­hof, der schon eine Stadt für sich zu sein scheint.

 

Nach dem glück­lichen Bezug der Zim­mer im Meininger Hotel am Alexan­der­platz sollte es mit dem ersten kul­turellen Pro­gramm­punkt, dem Besuch des DDR-Muse­ums in der Kul­tur­brauerei, los­ge­hen, doch die Schüler*innen riefen stattdessen ihre zweite Tra­di­tion der Berlin­fahrt ins Leben: das ständi­ge Zus­pätkom­men zu vere­in­barten Uhrzeit­en, selb­st die Grün­dung ein­er What­sApp-Gruppe kon­nte dieses Prob­lem nicht beheben. Immer andere Schüler*innen kamen immer ver­späteter zu spät – unvergessen in diesem Zusam­men­hang ist ein Anruf bei einem der Beratungslehrer*innen, zehn Minuten nach der vere­in­barten Zeit mit der Aus­sage, dass ger­ade das Mit­tagessen gekom­men sei und man dies erst­mal essen müsse, obwohl man vorher drei Stun­den Zeit hat­te –, was dazu führte, dass die Lehrer*innen zu der List grif­f­en, den Zeit­punkt des Tre­f­fens immer weit­er vorzu­ver­legen, sodass vere­in­barte Zeit­en einge­hal­ten wer­den kon­nten (in diesem Zusam­men­hang möcht­en wir uns bei den Schüler*innen entschuldigen, die immer pünk­tlich waren und immer mit uns warten mussten). Das DDR-Muse­um war trotz der unter­schiedlichen Qual­ität der Führun­gen sehr inter­es­sant und enthielt für viele der Schüler*innen einen Aha-Moment, was es alles in der ehe­ma­li­gen DDR nicht gab, sodass man sich dann auch über die West­pakete freute, auch wenn sie nicht voll­ständig anka­men. Neben­bei erfüllte der DDR-Schick der Woh­nung­sein­rich­tung auch noch den angenehmen Neben­ef­fekt von inter­es­san­ten Hin­ter­grundsmo­tiv­en für Einzel- und Grup­pen­bilder. Die Gestal­tung des Abend­pro­gramms war den Schüler*innen selb­st über­lassen und fiel dann auch entsprechend der Indi­vid­u­al­ität der Schüler*innen vielfältig aus, während einige Fre­unde und Bekan­nte in Berlin besucht­en, set­zten andere das Kul­tur­pro­gramm fort und besucht­en das Kino oder Duss­mann, während sich wieder andere magisch von Berlin-Kreuzberg ange­zo­gen fühlten und Abend für Abend dor­thin pil­gerten. Der erste Abend endete dann mit der drit­ten Tra­di­tion der Berlin­fahrt: jede/r musste sich um 0:00 Uhr im Foy­er bei den Lehrer*innen abmelden.

 

Der 22.01. startete gemein­sam an der „Gedenkstätte der Berlin­er Mauer“ (an der Bernauer Straße). Dort kon­nten wir nicht nur Orig­i­nal­stücke der Mauer und einen Bere­ich des soge­nan­nten Todesstreifens sehen, son­dern die Guides erzählten auch sehr viele Anek­doten und unter­mal­ten ihre Zeitzeu­gen­berichte durch Fotogra­phien. Unvergessen ist das „Fen­ster des Gedenkens“ mit 162 Fen­stern, in dem 130 Fotos von Maueropfern abge­bildet sind. Beson­ders tragisch ist dabei sicher­lich der Bericht über die fünf ertrunk­e­nen Kinder, die auf der West­seite der Stadt in die Spree gefall­en waren und nicht gerettet wer­den durften, bis es am 29.10.1975 endlich zu einem Abkom­men zwis­chen der BRD und der DDR kam, in dem fest­gelegt wurde, wer ret­ten durfte. Auch dem Muse­um wurde ein kurz­er Besuch abges­tat­tet. Am Nach­mit­tag tren­nten sich die bei­den Grup­pen. Während Herr Knödler mit sein­er Gruppe das „Denkmal für die ermorde­ten Juden Europas“ (kurz: „Holo­caust-Mah­n­mal“) auf­suchte und dabei eine tragis­che Begeg­nung mit ein­er Taube hat­te, besuchte die Gruppe DOET/LEMA den Bendlerblock und damit die „Gedenkstätte Deutsch­er Wider­stand“. Dort hat­ten sich die Guides etwas Beson­deres für die Schüler*innen aus­gedacht. Nach ein­er gemein­samen Ein­führung, bei der es vor allem um die Geschichte des Gebäudes und der Statute des Wider­stand­skämpfers von Richard Scheibe im Innen­hof und ein­er kurzen Führung durch die ver­schiede­nen Bere­iche der Ausstel­lung, bei der unweiger­lich Stauf­fen­berg und sein Büro im Fokus standen – wobei sich eine inter­es­sante Diskus­sion ergab, in der es darum ging, ob der noch enthal­tene Boden­be­lag, der bere­its vor der NS-Zeit ver­legt wor­den war, nun an Hak­enkreuze erin­nere oder nicht – beka­men die Schüler*innen die Auf­gabe, sel­ber zu Muse­ums­führern zu wer­den. Sie soll­ten sich in Kle­in­grup­pen einen der Bere­iche, in denen ver­schiedene For­men des Wider­stands vorgestellt wur­den, auswählen und ihn für einen kurzen Vor­trag auf­bere­it­en. Diese Vorträge waren aus­ge­sprochen his­torisch fundiert und gelun­gen. Der Tag endete für die Lehrer*innen und einen Teil der Schüler*innen bei türkischem Essen in Berlin-Kreuzberg.

 

Am Son­ntagvor­mit­tag besuchte die Gruppe KNJO den Bendlerblock, während die Gruppe DOET/LEMA das „Holo­caust-Mah­n­mal“ auf­suchte. Ein vorheriger kurz­er Zwis­chen­stopp am Bran­den­burg­er Tor durfte natür­lich nicht fehlen. Das „Holo­caust-Mah­n­mal“ hätte geo­graphisch nicht bess­er platziert wer­den kön­nen, befind­et es sich doch direkt auf geschicht­strächti­gen Gebi­et, so lag dort nicht nur bis 1989 ein Teil des soge­nan­nten Todesstreifen, son­dern im 18./19. Jahrhun­dert befan­den sich dort die Adelspalais, die im frühen 20. Jahrhun­dert von Min­is­tern bezo­gen wur­den, bis schließlich Goebbels dort seine Stadtvil­la bezog. Unter­halb der Gedenkstätte befind­et sich ein Teil des soge­nan­nten Führerbunkers, der bei der Schlacht um Berlin von der SS-Divi­sion „Nord­land“ vertei­digt wurde und beim Bau der 2711 Stehlen ver­siegelt wurde. Die Schüler*innen mussten eine Rede von Frau Doetsch über sich erge­hen lassen, fan­den aber auch nach ein­er Besich­ti­gung der labyrinthar­ti­gen Stehlen sehr viele inter­es­sante Deu­tungsan­sätze für diese Gedenkstätte, bei der vor allem die Ori­en­tierungslosigkeit ein­er­seits und der Blick auf die amerikanis­che Botschaft ander­er­seits the­ma­tisiert wur­den. Im Anschluss daran ging es an den „Ort der Infor­ma­tio­nen“, ein inno­v­a­tives und sehr mod­ernes Muse­um, in dem mit mod­er­nen Medi­en die Geschichte des Holo­causts und damit auch die Darstel­lung von Einzelschick­salen dargestellt wird. Dieses Muse­um rührte einige Schüler*innen zu Trä­nen. Am Nach­mit­tag soll­ten ein Tre­f­fen am Bran­den­burg­er Tor sowie eine Stadtrund­fahrt mit dem 100er Bus fol­gen. Am Bran­den­burg­er Tor und am Reich­stag, inklu­siv­er ein­er kleinen his­torischen Ein­heit von Her­rn Knödler, wur­den trotz der hohen Ver­spä­tungszeit der Schüler*innen Grup­pen­fo­tos gemacht. Die geplante Stadtrund­fahrt, für die Frau Doetsch einen aus­führlichen Vor­trag geplant hat­te, fiel aber aus mul­ti­kausalen Grün­den aus. Es war bere­its so spät und daher auch dunkel, dass man fast nichts mehr sehen kon­nte. Die Anstren­gung der let­zten Tage führte fern­er dazu, dass viele Schüler*innen die Fahrt nutzten, um ein Nick­erchen zu hal­ten. Außer­dem fuhr lei­der kein Dop­peldecker­bus, son­dern nur ein nor­maler Bus, was dazu führte, dass sich die Schüler*innen im ganzen Bus verteil­ten. Obwohl Frau Doetsch über genü­gend Stim­men­vol­u­men ver­fügt, verzichtete sie aus Rück­sicht den anderen Mitfahrer*innen gegenüber darauf, den ganzen Bus mit ihrem Vor­trag zu erfreuen. Stattdessen unter­hiel­ten sich DOET und KNJO köstlich gegen­seit­ig mit ihrem his­torischen Wis­sen, wobei selb­st LEMA nach ein­er Zeit nicht mehr auf­passte. Die Fahrt endete am Roten Rathaus, wobei sich KNJO noch ein­mal als his­torisch­er Stadt­führer ver­suchte, was allerd­ings viele Schüler*innen lei­der nicht mehr sehr interessierte.

 

Am Mon­tag ging es wiederum gemein­sam zur „Gedenkstätte Hohen­schön­hausen“. In der bedrück­enden Atmo­sphäre des ehe­ma­li­gen Stasi-Gefäng­niss­es führten Zeitzeu­gen als Guides durch das alte erste und das neuere Gefäng­nis. Die Guides beant­worteten bere­itwillig ver­schieden­ste Fra­gen, während die Schüler*innen die Enge der Zellen und die für die dama­lige Zeit sehr mod­erne Art der Kon­tak­tver­mei­dung ken­nen lern­ten. Es war beein­druck­end, was sich auch in dem begeis­terten Feed­back der Schüler*innen zeigte. Auch ein kurz­er Besuch der Ausstel­lung schloss sich an. Am Nach­mit­tag folge auf Wun­sch der Schüler*innen ein Besuch der „East Side Gallery“. Dies war das einzige Mal, dass die Lehrer*innen etwas zu spät kamen, obwohl sie vorher einen Wet­t­lauf gegen die Zeit ges­tartet und eine Per­for­mance der fliegen­den Lehrer*innen geboten hat­ten. Fern­er war es nicht so ein­deutig, ob man sich nun am Berlin­er Ost­bahn­hof oder am soge­nan­nten „Brud­erkuss“ tre­f­fen sollte – unvergessen ist sicher­lich in diesem Zusam­men­hang die Bil­dun­ter­schrift eines Schülers „2 Brüder vor 2 Brüdern“ – aber den­noch war auch dies eine beein­druck­ende Gedenkstätte. Der Tag endete mit einem gemein­samen Essen aller Teilnehmer*innen bei einem Italiener.

 

Am Dien­stagvor­mit­tag ging es dann lei­der schon wieder zurück nach Wanne-Eick­el. Der ICE kon­nte tat­säch­lich pünk­tlich erre­icht wer­den, da alle einiger­maßen pünk­tlich waren und es die meis­ten schafften, ihre Kof­fer ohne die Nutzung eines Aufzugs zu trans­portieren. Die Lehrer*innen waren mehr als nur zufrieden mit der Bilanz, die sie glaubten, ziehen zu dür­fen: 5 Tage Berlin mit einem tollen Pro­gramm, ein­er großar­ti­gen Stim­mung und kein einziger Coro­n­afall. Schon am Nach­mit­tag stellte sich allerd­ings her­aus, dass sie sich zu früh gefreut hat­ten. Auch wenn sich in der Folge zwölf Coro­n­afälle ein­stell­ten und zwis­chen­zeitlich ins­ge­samt 25 der 32 nach Berlin gereis­ten Schüler*innen in Quar­an­täne befan­den, war diese Stu­di­en­fahrt ein großer Erfolg und die Bilanz ist ganz klar: Gesamtschule Wanne 1 – Coro­na 0.

 

Die beglei­t­en­den Lehrer*innen bedanken sich bei den Schüler*innen für die großar­tige Fahrt!

 

DOET, KNJO und LEMA